220126_2 vom velodrom zum Atelier

der Kuchen hinter Glas, in der Vitrine im Eingangsbereich, mit Glassichtfolie bespannt. die kleinen runden Tische in Reihe, matt – die Stühle, glänzend – die Tische. neulich hab ich gehört, dass der Umbruch immer noch Programm sei für Lyrik. glaub nicht.  der Glaube hat geholfen, so sagt man in der Kirche. rot sind die Stühle. verkratzt glänzen die niedrigen Tischchen silbern. rot die Stühle, wie die Aldiletten der Frau in der Umkleide. ihr Badeanzug ebenfalls rot und ihr Zug energisch. schnell stößt sie vorwärts. rot, die Farbe der shirts der Bademeister. lifeguard steht auf ihren Rücken. rot-bleich, in unterschiedlichen Graden ausgewaschen der Grund.  hungrig schlingen die Schwimmer nach dem Training den Kuchen / die Erbsensuppe mit Wurst und die Schrippen balancieren auf den Pappbechern mit Kaffe für nach-dem-Essen. sie sind doch der Bademeister, beginnt eine Frau. ein Tschöhö gibt er ihr mit, mit leichter Berliner Sprachfärbung. woher kommst du? (die Frage stellt sich anderswo gar nicht.) Zeit für dein Lieblingseis, in der Vitrine warten die Pokale, dass man sie rausholt und es werden zwei weniger, weil der im Spiegel, der verschwindet mit, wenn sie rausgenommen werden. sie warten
auf die Kugeln, die in ihnen serviert werden werden.

ich stehe auf und nehme die Tram, fahre
durch die Blöcke . mir gegenüber ein alter Mann, der mich mustert. so grau wie die Häuser.
mein Beutel ist rot.

printing money. wie sich selbst belügen. morgen werde ich an einem Kurs teilnehmen, in dem es um Glaubenssätze sich selbst gegenüber gibt. ich überlege noch. was könnten wir sein. Bonnie und Clyde? ich laufe wieder am Autohändler vorbei und überlege noch, wies wäre, mal in dem blauen Mazda-Cabrio für Sechzehntausend probezusitzen.
nur um zu sehen,
ob es zu klein ist.
wieder laufe ich an den Balkonen vorbei. auf einem von ihnen ist ein Streifenhörnchen aus Plastik.
was macht das denn da?
S steht auf dem Gullideckel. S wie Superman und S wie security.
»ein blaues Cabrio – das passt gar nicht zu dir.«
aber was passt schon?
ich laufe den längeren Weg. vorbei an geschliffenem Glas. das würde der Großmutter gefallen. vorsichtig hält sie die guten Gläser ins Licht und zeigt mir, wie man geschliffenes Glas erkennt – im Gegensatz zu gepressten. »wir bleiben uns treu« – was soll das denn heißen? später treffen wir uns vor dm. ach das!
hast du gemeint mit treu-sein. so
und so viele Kunden kaufen ein Produkt erst, nachdem sie es neunmal gesehen haben: sie hält mir die packung hin. das hab ich noch nie gesehen. noch acht mal, dann werd ich es kaufen, wenn ich wie der Durchschnitt handle. Ottonormalbürgerin, nullachtfünfzehn. Zielgruppen-Zenze.

auf dem Weg: lächliche ich eine Frau an und auf dem Weg,
laufe ich einem Fahrradfahrer fast vor die Reifen. er klingelt. »der Weg ist nicht das Ziel. der Weg ist einfach alles«, sagt Ann Cotten.

du magst doch rot, oder? aber was heißt das schon du magst doch. ich mag doch
noch tausend andere Dinge.
was wenn das Cabrio wirklich zu klein wäre?
was, wenn die shirts der Bademeister so verwaschen sind, dass man das lifeguard nicht mehr lesen kann?

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