Schlagwort: Tisch

230413 Zurück in Berlin

Morgens begleite ich C zur Warschauer. Viele Menschen, mein Herz zieht, vermisse die Geborgenheit der Herkunftsstadt.

Am Nachmittag fahre ich nach Kreuzberg. Ich kaufe Haarseife. Kehre zu Prinzipien zurück, die über Bord zu werfen, wichtig war, um ihnen nicht ausgeliefert zu sein. Wieder hab ich meine Kundenkarte vergessen.

In der LPG in der Reichenberger kaufe ich Salbei- und Hafertee. Ich erinnere mich an ein Date vor einigen Jahren, bei dem es Hafertee aus der Thermoskanne gab und der Gedatete silberfarbene Salomon-Schuhe trug. Er wohnte irgendwo Gesundbrunnen, hatte einen Zeitschriftenständer in seinem Zimmer und: er konnte nicht schlafen, wenn jemand neben ihm lag, was mich um 4 Uhr nachts 13 km durch die Stadt nach Hause fahren lies. Ich weiß nicht, ob es langsam mal Zeit ist, diesem Mann zu vergeben, oder ob das nicht nötig ist und ich mich noch weiter Jahre darüber ärgern kann.

Zurück in die LPG. An der Kasse beobachte ich ein Paar, das nicht egozentrischer aussehen könnte: sie hat sehr kleine Füße und er trägt ein rotes Tüchlein um den Hals (so eins, wie F immer trägt). Der Style sieht irgendwie falsch aus. Ich entkomme den Blicken eines präsenten Mannes, der die LPG hinter mir verlässt und am Telefon auf Englisch jemanden von dem Opening heute Abend erzählt. Es ist Mittwoch.

Im Penny treffe ich L mit seiner Freundin. Genau wie ich kaufen sie nur ein Produkt.

Er sagt: Du musst dich nicht rechtfertigen.

Ich laufe nach Hause.

An der Warschauer will ich in die Bahn steigen.

M ruft an.

Wo bist du?

Warschauer.

Ich auch.

Wir treffen uns, gehen nach Hause, trinken Bier.

M sprüht, steckt mich an.

Ich schreibe immer vom Essen, sagt sie.

Stimmt.

Und früher hab ich immer gezeichnet, was auf dem Tisch lag.

Ich denke an Randgespräche.

Später sprechen wir davon, dass man Dinge, die man ablehnte, weil man sich gegen die Eltern wehrte, später wieder aufnahm. (Bsp. Bärte, Öko, …)

220714 morgens auf dem Balkon

sitze auf dem Balkon, friere ein bisschen, genieße das Wetter, hole mir, fühle mich wie in Marseille, als der Mann unten seinem Kind auf Französisch irgendwas mit einem Geldbeutel und Geld und geradeaus gehts erklärt. ein Fahrrad surrt, als es vorbeifährt. langsam. ein Auto fährt um die Kurve. mein Tisch wackelt ein bisschen, die Grünlilie hat sich immer noch  nicht erholt. die meisten der Pflanzen sehen eher so naja aus.

naja. trinke vietnamesischen Kaffee mit  süßer Milch.

unten fährt der Mann vorbei, der mir neulich beim Tragen geholfen hat. ich wohne in einem Dorf. meine Finger kriechen über die Tastatur.

220402 Umzug, zweiter Teil

ich träume von rosé Besteck von WMF.12 wir fahren frühstücken (Ecke Elsenstraße, bei real.) wir lernen: zwei Frühstück ist eines zu viel für zwei. wir lernen auch: die Käsefäden sind sehr salzig. ich lausche dem merkwürdigen Gespräch einen Tisch weiter. den Rest packen wir ein. dann gehen wir an dem Späti vorbei, an dem ich meine erste rosa Maske gekauft hab. es muss vor etwas weniger als einem Jahr gewesen sein. (wir waren auf dem Weg zum Holländer.) wir steigen in den Benz und fahren weiter. ich sehe wehmütig aus dem Fenster. die Kiefholzstraße entlang. C fährt Schlangen und ich filme durchs Fenster. 
zusammen mit R, T, A und C ist es tragbar. wir bringen erst alles aus dem Keller und von Flur der Eschenbachstraße 1 in den Transporter. ich staune über meinen Besitz. fühle mich wie eine Zoologin, als ich die Männer unter sich beobachte.3 ich werde wehmütig, als ich dem Pärchen unten im Haus nochmal Tschüss sage (nun aber wirklich) und als mir der dicke Postbote ein »wie gehts Ihnen?« entgegen wirft. fahre mit C nach Lichtenberg, die anderen fahren im Transporter. auf dem Weg kommt die Idee auf, Kaffee für alle zu holen. in Lichtenberg nur ein Café und da steht „geschlossen“ an der Tür. ich springe kurz aus dem Auto und drücke gegen die Tür. hallo? da ist ja doch jemand.  eine Frau und ein Mann. alles ist vollgestellt. was ich will, fragt sie. »fünf Kaffee, das wär total nett.« na gut. sie macht welchen. im Pappbecher, weil für die Receyclingbecher hab ich kein Geld. ein Problem gibts noch: es gibt kein Tablett. sie leiht mir eine Kuchenform. in einer Vitrine hinten gibts auch noch Kuchen. wir machen einen Deal: 20 Euro, die Kaffees und 5 Stücke von dem Kuchen. sie macht sie ein bisschen kleiner. sind nämlich 3-Euro-Stücke, weil der vegan ist. ich denke an das, was ich in der Zeitung gelesen habe: ein Deal lässt sich nicht rückgängig machen.

nach dem Umzug gehen 3 Männer. A bleibt noch ein bisschen. über den Tod, Trauer, Schuldgefühle und über die Aufladung von – (vermute Zeichen?) er zeigt eine sweete Zeichenverwendung, die man irgendwie über die Glyphen erlangt: kleine Buchstaben an der Stelle, wo sonst die Accents sitzen.

später bringe ich das Lastenrad zu IKEA zurück. ohne die Matratze genieße ich die Fahrt. meine Blicke durch die Herzberge, durch IKEA, über alles. ich sitze an der Fensterfront, esse Salat und Daimtorte4 und sehe hinunter. zwischendurch denke ich an Putzeimer und ob ich Oma mal fragen soll, ob ich ihren haben kann.

ich schlendere noch ein bisschen durch IKEA und auf dem Heimweg steige ich in Marzahn aus: im Eastgate kaufe ich Blumen, Klopapier, Putzsachen. bei Rewe ist ein sehr lauter Punk, der heute irgendwas mit Kohl kochen wird und mit der Verkäuferin schnackt, ihr sein Rezept erklärt. ob er in einem der Hochhäuser hier wohnt? ich denke an Rs Freund, der von nicht-lebenswerten Gegenden spricht und ich wundere mich, dass meine Bubbel sich innerhalb des Rings aufhält.

es brennt  in mir. angefangen zu brennen hat es, als er C meinte, F kommt zu Besuch. deine Schwester gegen meinen Schlüssel. wir strahlen beide.5

später, im GateWest. ich staune. so groß. dann finde ich den Ausgang nicht mehr, frage ein Mädchen. sie ist ungefähr 14, hat lange wimpern anngeklebt und bindet auf der Rolltreppe ihre Schuhe, wies hier zur S-Bahn geht. da muss sie auch hin. sie nimmt mich mit. fragt mich, ob ich neu hier bin. ne, ich wohn nicht hier. und bist du alt hier? sie lacht kurz. geht schnell Richtung S-Bahn. dann winkt sie – ihrer Freundin. sie begrüßen sich im Gehen und zupfen aneinander, kommentieren gegenseitig ihr Aussehen, liefern mich an der Brücke zur S-Bahn.

»Friddrichsfelde Ost« – so in etwa betont es die Stimme. ich nehme mir vor, das ie ein wenig kürzer zu sagen.
ich denke an Lichterfelde Ost. in meinem Kopf Cs verschlafenes Gesicht. ich fahre an S-Bahn-Stationen vorbei, die ich nicht gut kenne. ich denke an jemands Grübchen. ich denke an die aufgeregte Stimme der Schwester. ich denke an die die zum Tablett umfunktionierte Kuchenform mit den fünf Kaffeebechern heut Nachmittag. ich denke an Zupfkuchen und an die Frau aus dem Café, die mich an LA erinnerte. an die Fahrt mit dem Lastenrad und der Matratze, an Ps Sohn F, der meinte, dass eine Birgit ausziehe, kenne er noch von der Scheidung seiner Eltern. ich denke daran, dass A »wie Männer ihre Liebe zeigen« sagt – über die Möbelstücke, die P für mich, O und M gebaut hat.

  1. die geringer Schrifthöhe benutze ich auch bei AHs Buch. Typografie über die Bedeutung der bloßen Zeichen hinaus. toll! eine Bedeutungsaufladung nur durch die Benutzung versch. Schriftgrößen und Schnitte. wenig später sollte ich mir ein ›A‹ auf den Arm tätowieren lassen. nur ein A – ohne alles. mit A fängt alles an. []
  2. die Träume der ersten Nacht in einer neuen Wohnung sind ausschlaggebend, sagt man []
  3. später im April sollte ich Donna Haaraways Gefährtenbuch anfangen und mich mit dem Begriff ›Zoologin‹ nicht mehr so falsch fühlen []
  4. zu süß []
  5. auch die Mutter freut sich []

9. Juli 2021, Freitag

es regnet. (jetzt aber richtig). in der Badewanne trocknen unsere Schirme. wir sitzen auf Stühlen, am Tisch und arbeiten. heute haben wir wirklich keine Lust auf ›richtiges Essen‹, statten der Dönerbude einen Besuch ab: kesse Blicke, »scharf?« (naklar – nichts geht gegen die Schärfe der Jalapenos). 

auf an die See! der See ist stürmisch und die Wellen wogen und für mich ist der See das Meer. lausche den Worten der Vortragenden.

Sympathie zu Namensvettern.1

kurzes Hallo. 

»wollt ihr noch hierbleiben?«

wir wollen das Meer noch einmal ansehen. (und für diese kurze Zeit ist es wirklich das Meer). wir wollen Piroggi essen und Geistergeschichten hören.

da unten stehen die Stühle bereit, stürmisch wogende Wellen. hier könnte man heiraten, bei Regen an der See. an allen klebten nasse Kleider und die Absätze der hohen Schuhe würden sich in das feuchte Gras bohren. vermessen noch mehr Flaschen für alle zu holen? (ganz scharf auf ein bisschen Exzess). wir wenden uns der roten Flasche zu. (der weiße war lekkrer, aber pssssssst. wer will schon Brot verdienen?) es riecht nach Gras. »und was finnste besser?« kurzer Blick aufs Meer. diese Frage haben wir gerade eben schon beantwortet. sie wird sich noch öfter stellen. 

an der Bar begegnet mir der Nebendarsteller (»hallooo!«) – leider bin ich schon ein bisschen betrunken und kann kein klares Urteil fällen. er hat einen Schal um den Bauch gewickelt. (später wickelt er ihn von dort ab und legt ihn am Hals an); entpuppt sich als Streifenliebhaber, born & raised in Berlin. es folgt Ausbreiten des eigenen Hab und Gut auf dem Tisch: hier: der Helm, der Schlüssel des Rennrads, die Federmappe, 10 der Stifte, die er kürzlich im 1000er-Pack irgendwo im Internet gekauft hat, Ingwergummibärchen. und hier: das ist mein Blog. (aha).
sobald er feststellt, dass die Protagonistin perfekt Französisch spricht, fängt auch er an, ausschließlich auf Französisch zu sprechen – avec une bonne prononciation, mais pas de manière parfaite; drückt ihr ein Messer2 in die Hand.

ich wende mich nach rechts: »und wie war die Zusammenarbeit mit dem Gestalter?«3 sie klopft auf den Deckel des Buches. klingt wie Holz. tolles Buch. 

»und woher kennt ihr euch?« (nickendes Kopfstoßen: los! stell dich vor) moi, je viens de Berlin, je suis … also ich, ich heiße sounso und studiere dasunddas. es geht mir leicht über die Lippen. »darf ich das Buch mal anfassen?« ich bekomme es in die Hände gedrückt. ausgiebige Bewunderung. Gespräche über den Kosmos, von Sehnsucht aufgeladener Himmelskörper, während nebenan die Putzfrau durch die herrschaftlichen Gebäude fegt. laut Lachen. sie, die andauernde Statistin der Stipendiat:innen, fegt als eine literarische Figur durchs Bild. (»genau wie du« – »genau wie ich«).

drei Pappbecher später verlagern wir das Zusammensein von der Tafel, auf eine Runde vorm Eingang. (er würde jetzt wirklich gerne gehen); bereiten uns auf den Abschied vor. alle schnorren Zigaretten von einer. irgendjemand weiß, wann die nächste Bahn fährt. wir eilen dem Trupp hinterher. in der Bahn zieht der Nebendarsteller seinen Laptop aus dem Rucksack4. reibt der Protagonistin nocheinmal den Namen seines Blogs unter die Nase. wir steigen aus, stellen fest: zwei Schleifen verloren.

die Selbstbewusstheit mit der man sich den weiblichen Codes5 bedienen kann. (wir haben eine der beiden Schleifen verloren!)
die Vehemnez auch mit der man sich gegen sie sträuben kann. (ja, das kann man). sie will noch Pommes. erneut stellt sich die Frage: weiß oder rot? der Dönerbudenmann drückt uns zwei Lollis in die Hände: für euch.

eine Motte fällt flatternd aus meinem Schrank, als wir zurückkommen. ›Motte‹ – hör dir das Wort an. ich seh sie chlagen.678 durch die Wohnung. (»du bist ja immer noch hier.«)

ich träume: ein Haus am See, der Nebendarsteller spielt die Hauptrolle, merkwürdiges Zeug. an mehr kann ich mich nicht erinnern.

  1. und es reichen die ersten drei Buchstaben des Nachnamens, um eine Sympathie zu zeigen []
  2. nun hat sie das Messer in der Hand. es muss später noch benutzt werden []
  3. das frage ich Martina Hefter zu ihrem neuen Buch ›In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen‹. []
  4. ein Rucksack à la » siehst aus als würdest du gleich nach Italien trampen« []
  5. weiblich ›gelesene‹ Codes. aber was sonst sollten Codes sein, als gelesen/=interpretiert []
  6. ich erinnere mich, dass es einen Unterschied gibt, der mit dem Schlag der Flügel zu tun hat: Motte versus Schmetterling. hört ihr den Schlag ihrer Flügel im Wort? []
  7. ich erinnere mich an die vielen schwarzen Schmetterlinge. []
  8. ich erinnere mich an den sockenklauenden Dalamtiner: weiß-schwarz.
    ich erinnere mich an das Brot, das ich so vermisst hatte. []

8. Juli

ich liege krank im Bett. N sitzt an meinem Schreibtisch und arbeitet.