9 Uhr: wir drucken das Buch.1
MH redet mir ins Gewissen, dass ich jetzt endlich an die Gestaltung denken muss. (ok)
ich trage ein Kleid, das großen Anklang findet. die Verkäufer am Kollwitzmarkt versuchen mich als Kundin zu gewinnen. ich bin: vraiment jolie. ich sage »danke«. immer braucht man die Diskussion, dass man nicht unbedingt schön gefunden werden möchte, auch nicht anfangen und außerdem ist es nett zu hören.
fahre weiter auf Arbeit.
H ist noch nicht da. er hat die U-Bahn in die falsche Richtung genommen. ich sitze da, zeichne, unterhalte mich mit O, frage ihn, wie alles läuft. ob es mich für mein eigenes Leben interessiere, fragt er.
»nee, einfach so.«
einer der jungen Männer blickt neugierig auf mein Skizzenbuch.
»ah! you are the graphigdesigner«, sage ich, als mir wieder einfällt, dass er mal erzählt hatte.
ja, das war er mal. zwei Wochen später, sehe ich ihn am Kotti, als ich auf A warte.
er begutachtet meine Zeichnungen und wünscht mir viel Glück.
seine Pupillen sind groß und sein Gesicht gerötet und später hilft mir die Kisten ins Regal zu stellen.
als H kommt, machen wir uns auf ins KW. er gibt eine Führung. ich merke, dass ich schon sehr lange nicht mehr im Museum war und dass ich das Publikum im KW immer noch skeptische beäuge – mit ihren MacBooks und den gemachten Nägeln. und dass ich wahrscheinlich manchmal genauso aussehe.2
während ich andere Fahrradfahrer überholen, träume ich. eine Frau tanzt auf der Kante des Gehsteigs. Sie für einen Hund spazieren und tippt ihr Handy.
der Einkauf und dass es bei Penny nicht die Salami gibt, die ich mir vorgestellt habe, wirft mich völlig aus der Bahn. ich irre umher. eine Plastiktüte mit meinem restlichen Material auf dem Gepäckträger, das ich aus der Arbeit mitgenommen habe. die Tüte hat nach halbem Weg ein Loch und der erste Versuch, bei denns am Gemüsestand eine Plastiktüte zu holen scheitert.
dort gibt es keine Plastiktüten mehr! ich bin entsetzt und ärgere mich über die unpraktische Gutmenschlichkeit. wie soll ich denn jetzt meine Sachen tragen??
dann gehe ich die Tüte mit ihrem Loch nach oben unter meinen Arm geklemmt zu den Discountern. bei Penny in der neuen Bahnhofsstraße kauft ein großer Mann mit einem Clown auf der Wade Süßigkeiten. ich gehe weiter, finde die gesalzenen Nüsse. finde eine Tastatur. gleich kommt C vorbei.
vorher rufe ich noch H an.
»warum rufst du an?«, fragt sie.
»einfach so«, sag ich, sag nicht, was ich gerade noch sagen wollte, dass ich so aufgeregt bin.
erinnere mich an die leeren Tage der letzten Woche:
durch die Stadt laufen. sitzen, sehen.
heute morgen saß ich auch noch an der Spree. laß das Sticky-fingers-Buch.