es regnet. (jetzt aber richtig). in der Badewanne trocknen unsere Schirme. wir sitzen auf Stühlen, am Tisch und arbeiten. heute haben wir wirklich keine Lust auf ›richtiges Essen‹, statten der Dönerbude einen Besuch ab: kesse Blicke, »scharf?« (naklar – nichts geht gegen die Schärfe der Jalapenos).
auf an die See! der See ist stürmisch und die Wellen wogen und für mich ist der See das Meer. lausche den Worten der Vortragenden.
Sympathie zu Namensvettern.1
kurzes Hallo.
»wollt ihr noch hierbleiben?«
wir wollen das Meer noch einmal ansehen. (und für diese kurze Zeit ist es wirklich das Meer). wir wollen Piroggi essen und Geistergeschichten hören.
da unten stehen die Stühle bereit, stürmisch wogende Wellen. hier könnte man heiraten, bei Regen an der See. an allen klebten nasse Kleider und die Absätze der hohen Schuhe würden sich in das feuchte Gras bohren. vermessen noch mehr Flaschen für alle zu holen? (ganz scharf auf ein bisschen Exzess). wir wenden uns der roten Flasche zu. (der weiße war lekkrer, aber pssssssst. wer will schon Brot verdienen?) es riecht nach Gras. »und was finnste besser?« kurzer Blick aufs Meer. diese Frage haben wir gerade eben schon beantwortet. sie wird sich noch öfter stellen.
an der Bar begegnet mir der Nebendarsteller (»hallooo!«) – leider bin ich schon ein bisschen betrunken und kann kein klares Urteil fällen. er hat einen Schal um den Bauch gewickelt. (später wickelt er ihn von dort ab und legt ihn am Hals an); entpuppt sich als Streifenliebhaber, born & raised in Berlin. es folgt Ausbreiten des eigenen Hab und Gut auf dem Tisch: hier: der Helm, der Schlüssel des Rennrads, die Federmappe, 10 der Stifte, die er kürzlich im 1000er-Pack irgendwo im Internet gekauft hat, Ingwergummibärchen. und hier: das ist mein Blog. (aha).
sobald er feststellt, dass die Protagonistin perfekt Französisch spricht, fängt auch er an, ausschließlich auf Französisch zu sprechen – avec une bonne prononciation, mais pas de manière parfaite; drückt ihr ein Messer2 in die Hand.
ich wende mich nach rechts: »und wie war die Zusammenarbeit mit dem Gestalter?«3 sie klopft auf den Deckel des Buches. klingt wie Holz. tolles Buch.
»und woher kennt ihr euch?« (nickendes Kopfstoßen: los! stell dich vor) moi, je viens de Berlin, je suis … also ich, ich heiße sounso und studiere dasunddas. es geht mir leicht über die Lippen. »darf ich das Buch mal anfassen?« ich bekomme es in die Hände gedrückt. ausgiebige Bewunderung. Gespräche über den Kosmos, von Sehnsucht aufgeladener Himmelskörper, während nebenan die Putzfrau durch die herrschaftlichen Gebäude fegt. laut Lachen. sie, die andauernde Statistin der Stipendiat:innen, fegt als eine literarische Figur durchs Bild. (»genau wie du« – »genau wie ich«).
drei Pappbecher später verlagern wir das Zusammensein von der Tafel, auf eine Runde vorm Eingang. (er würde jetzt wirklich gerne gehen); bereiten uns auf den Abschied vor. alle schnorren Zigaretten von einer. irgendjemand weiß, wann die nächste Bahn fährt. wir eilen dem Trupp hinterher. in der Bahn zieht der Nebendarsteller seinen Laptop aus dem Rucksack4. reibt der Protagonistin nocheinmal den Namen seines Blogs unter die Nase. wir steigen aus, stellen fest: zwei Schleifen verloren.
die Selbstbewusstheit mit der man sich den weiblichen Codes5 bedienen kann. (wir haben eine der beiden Schleifen verloren!)
die Vehemnez auch mit der man sich gegen sie sträuben kann. (ja, das kann man). sie will noch Pommes. erneut stellt sich die Frage: weiß oder rot? der Dönerbudenmann drückt uns zwei Lollis in die Hände: für euch.
eine Motte fällt flatternd aus meinem Schrank, als wir zurückkommen. ›Motte‹ – hör dir das Wort an. ich seh sie chlagen.678 durch die Wohnung. (»du bist ja immer noch hier.«)
ich träume: ein Haus am See, der Nebendarsteller spielt die Hauptrolle, merkwürdiges Zeug. an mehr kann ich mich nicht erinnern.
- und es reichen die ersten drei Buchstaben des Nachnamens, um eine Sympathie zu zeigen [↩]
- nun hat sie das Messer in der Hand. es muss später noch benutzt werden [↩]
- das frage ich Martina Hefter zu ihrem neuen Buch ›In die Wälder gehen, Holz für ein Bett klauen‹. [↩]
- ein Rucksack à la » siehst aus als würdest du gleich nach Italien trampen« [↩]
- weiblich ›gelesene‹ Codes. aber was sonst sollten Codes sein, als gelesen/=interpretiert [↩]
- ich erinnere mich, dass es einen Unterschied gibt, der mit dem Schlag der Flügel zu tun hat: Motte versus Schmetterling. hört ihr den Schlag ihrer Flügel im Wort? [↩]
- ich erinnere mich an die vielen schwarzen Schmetterlinge. [↩]
- ich erinnere mich an den sockenklauenden Dalamtiner: weiß-schwarz.
ich erinnere mich an das Brot, das ich so vermisst hatte. [↩]