Der Zug gleitet los. Später hat der Zug Verspätung. Der Grund ist so abstrakt, dass man ihn gar nicht erst nennen sollte. Genau in dieser Situation schaue ich fassungslos auf zwei Menschen, die die Zugbegleiterinnen fragen, ob der Zug außerordentlich am nächsten Bahnhof halten könne, damit sie noch schnell vor dort mit dem Taxi zum Frankfurter Flughafen können. Bis der Zug an unserem geplanten Bahnhof ankomme, seien sie sicher zu spät.
– Warum stehen wir hier?
– Wir gehören hier nicht hin.
– Genau in dieser Situation.
– In welcher?
– Situation Urlaub.
Die Frau sieht echt unglücklich aus. Ich habe kein Mitleid. Wer so egoistische Wünsche äußert, verdient kein Mitleid. Ein Glück, dass der Schienenbelegungsplan will, dass der Zug in der Mitte der Gleise, weit weg vom Bahnsteig vorbeifährt und die Möglichkeit eines außerordentlichen Halts damit nicht mehr existiert. Das verschmitzte Lächeln meiner zukünftigen Arbeitskolleginnen, als es um meinen „Urlaub“ ging. Urlaub, der Traum einer Bevölkerung. Der urlaubswillige Mann beschreibt der ebenso urlaubswilligen Frau den Weg am Flughafen: Warst du da schon mal?; den ewig langen Gang lang, die Treppen runter. Die Frau fasst sich an den Kopf. Alle sind eingecheckt, aber sie haben ein Gepäckproblem!
Google schreibt e-mails, die so schön und klar sind, dass ich auch gerne für google Deutschland mails schreiben möchte „Viele Grüße / Das Google-Konten-Team“. Ich denke an L, deren Ghostwriterin ich kürzlich war. An den S, für die ich auch ghost-write, an Cs Vater, der als Ghostwriter Reden schrieb und an C, die kürzlich eine e-mail schrieb, ob wir mal wieder alle ohne unseren Namen zu nennen schreiben wollen – aber wie sollen wir das dann in den Lebenslauf schreiben und als was? Und vor allem: Das kleine Ding?
Die Brezen aus dem Wedding sind besser als gedacht. Die bunten Eier ausm Supermarkt sind auch durch. (Anders als das Ei gestern: Es war roh.) Anders als angekündigt, war kein Salz dabei. Wir haben ein Päckchen mit Salz, das wir auf ein Handy ausleeren und das einen völlig falschen Eindruck erweckt.
Im nächsten Zug sitzt C im Dienstraum. Ich setze mich auf die mitgebrachten Pralinen. Pestonudelnessen, Sonnenblumenkerngeknabber. Wir haben wirklich viel Essen dabei. Ich hoffe auf eine gewissen Leere. Auch meine Erinnerung ist eine Geschichte.
C und ich freunden uns schon mit der Idee an, in einem Hotel in Karlsruhe zu schlafen. Dann doch noch ein TGV. Ankunft in Paris. Später als gedacht. Wir holen den Schlüssel von C und ihrem Freund. Der Freund trägt eine türkise Jacke. Als wir in der Wohnung ankommen, bin ich müde und mein Hals tut weh. Die Katze freut sich und am nächsten Tag merkt sie, dass wir fremd sind.