Schlagwort: Menschen

230728 Berlin → Paris

Der Zug gleitet los. Später hat der Zug Verspätung. Der Grund ist so abstrakt, dass man ihn gar nicht erst nennen sollte. Genau in dieser Situation schaue ich fassungslos auf zwei Menschen, die die Zugbegleiterinnen fragen, ob der Zug außerordentlich am nächsten Bahnhof halten könne, damit sie noch schnell vor dort mit dem Taxi zum Frankfurter Flughafen können. Bis der Zug an unserem geplanten Bahnhof ankomme, seien sie sicher zu spät.

– Warum stehen wir hier?
– Wir gehören hier nicht hin.
– Genau in dieser Situation.
– In welcher?
– Situation Urlaub.

Die Frau sieht echt unglücklich aus. Ich habe kein Mitleid. Wer so egoistische Wünsche äußert, verdient kein Mitleid. Ein Glück, dass der Schienenbelegungsplan will, dass der Zug in der Mitte der Gleise, weit weg vom Bahnsteig vorbeifährt und die Möglichkeit eines außerordentlichen Halts damit nicht mehr existiert. Das verschmitzte Lächeln meiner zukünftigen Arbeitskolleginnen, als es um meinen „Urlaub“ ging. Urlaub, der Traum einer Bevölkerung. Der urlaubswillige Mann beschreibt der ebenso urlaubswilligen Frau den Weg am Flughafen: Warst du da schon mal?; den ewig langen Gang lang, die Treppen runter. Die Frau fasst sich an den Kopf. Alle sind eingecheckt, aber sie haben ein Gepäckproblem!

Google schreibt e-mails, die so schön und klar sind, dass ich auch gerne für google Deutschland mails schreiben möchte „Viele Grüße / Das Google-Konten-Team“. Ich denke an L, deren Ghostwriterin ich kürzlich war. An den S, für die ich auch ghost-write, an Cs Vater, der als Ghostwriter Reden schrieb und an C, die kürzlich eine e-mail schrieb, ob wir mal wieder alle ohne unseren Namen zu nennen schreiben wollen – aber wie sollen wir das dann in den Lebenslauf schreiben und als was? Und vor allem: Das kleine Ding?

Die Brezen aus dem Wedding sind besser als gedacht. Die bunten Eier ausm Supermarkt sind auch durch. (Anders als das Ei gestern: Es war roh.) Anders als angekündigt, war kein Salz dabei. Wir haben ein Päckchen mit Salz, das wir auf ein Handy ausleeren und das einen völlig falschen Eindruck erweckt.

Im nächsten Zug sitzt C im Dienstraum. Ich setze mich auf die mitgebrachten Pralinen. Pestonudelnessen, Sonnenblumenkerngeknabber. Wir haben wirklich viel Essen dabei. Ich hoffe auf eine gewissen Leere. Auch meine Erinnerung ist eine Geschichte.

C und ich freunden uns schon mit der Idee an, in einem Hotel in Karlsruhe zu schlafen. Dann doch noch ein TGV. Ankunft in Paris. Später als gedacht. Wir holen den Schlüssel von C und ihrem Freund. Der Freund trägt eine türkise Jacke. Als wir in der Wohnung ankommen, bin ich müde und mein Hals tut weh. Die Katze freut sich und am nächsten Tag merkt sie, dass wir fremd sind.

200424 abendlicher Spaziergang, Café Kotti: Liebe & Freundschaft, Ende

 wir maschieren die Stralauer Halbinsel entlang. CG hat seit sein Lachen zurück. »ja, es ist viel passiert«, oder um es mit AHs Worten zu sagen »sie war nicht untätig gewesen.«1 ich erzähle von C, von der Ernstigkeit und frage, mit was wir die Liebe verwechselt haben. gemachte Aussagen, um zu sehen, wie sie sich anfühlen.
[am Bsp. von K, der keine Tomatensoße mag – nein, er hasst! sie sogar
und am Bsp. von mir, der Abneigung zu Farben, zu Bewegtbild, die sich beide in Luft auflösten] später nimmt er mich ganz kurz in den Arm. ich verliere meine Anspannung.
wir sprechen – über alles.
wie immer fragt C, ohne viel zu sagen. als ich zum Inhalt des Rucksacks frage, wird er zum einzigen Mal misstrauisch: »warum willst du das wissen?« aber nur kurz. später erzählen wir beide von Menschen, die man gemocht hat, von alten Lieben,  wie lange sie dauerten, wie die Enden waren, ich denke an F. irgendwann sagt er, »ich weiß gar nicht, wer du bist«. – das Gefühl hatte ich auch immer.

dann fahren wir nach Kreuzberg.  zwischendurch luge ich an den anderen Tisch und meine D zu erkennen. isser das? er ist es. beinahe hätte ich ihn nicht erkannt.er spricht auf englisch mit mir ich antworte auf deutsch.
ich gehe wieder zu CG zurück.
zwei Gläser Wein später sagen wir Tschüss zueinander.
»gute Reise!«
»bis bald!«, sagt C.
(wie immer gibt es gibt kein Ende! – dieser Satz sollte CG im Kopf bleiben. auch mir ging er nicht aus dem Kopf)

später falle ins Bett. wirklich. dann stehe ich nochmal auf, um zu tippen. ›v/Versuche ehrlich zu sein!‹
wir: haben ein ähnliches Naturell. ich lache über die Seite mit den Relativsätzen und schüttle den Kopf: »nein, ich will kein Teil des games mehr sein.«2

  1. aus Anna Herms: Due Magneti []
  2. das Problem ist, dass eine Frau, sich nicht entscheiden darf, sie wird als automatische Teilnehmerin des Games gesehen – ob sie will oder nicht. []