Ein junger Mann geht an mir vorbei. Geräusche am Baustellenzaun. Ich gehe die Friedhofsmauer an der Zossener Straße entlang und tippe währenddessen auf meinem Handy. Auf einmal kam es mir: Wie ist es eigentlich, eine junge Frau zu sein? Ich fühle in mich hinein.
Schritte auf jemanden zu und Schritte wohin weg.
Die junge Frau hat einen ganz schönen Zug drauf.
Ich laufe am Mehringdamm zum KiBa-Späti.
Ich setze mich als junge Frau an einen Tisch. Will ich. Aber kein Tisch mehr frei. Ich frage nach einem Stuhl. Die Männer wundern sich, dass ich alleine bleibe. Das sagen sie wirklich, obwohl sie urban und aufgeklärt wirken. Ich lausche und tippe ihr Gespräch mit.
– Der Albatroz, der hat ja am Sonntag offen.
– Was macht man, wenn man am Sonntag nix zu Hause hat?
– Wer führt einen eigenen Haushalt hier?
Die Männer sind ausgeknockt – ganz ohne schwanger zu sein. Sie überlegen bald mal nach Potsdam zu fahren.
– Vielleicht können wir ja dein Auto benutzen.1
– So viel zu Sachen Umverteilung.
– Komm mal mit, versprich mal. Ist auch um 15 Uhr.
(Ich denke an fett und fett. In der Serie redet der Protagonist GENAU SO)
Vorhin mit Anna im Lafayette. (So sagt sie, “das Lafayette”. Das sag ich jetz auch so, mit Vivien Petras gesprochen “Nachahmung ist die höchste Form der Anerkennung.”) “Ich muss dir was zeigen.” und zieht mich zum Franzosen, zu den Austern, zusammen mit ein paar schUnd dann essen wir erst Austern, zusammen mit ein paar Scheibchen Brot, trinken ein Glas Wein nebenbei. Entre deux mer heißt der Wein.
Die Männer neben mir haben kein Interesse an Kunst – außer an einem Bild von Gerhardt Richter.
– Da hab ich… gespürt hast…
– Gerhard Richter. Ausgerechnet das. Wahsinnig geil.
Was jetzt knallt, ist nicht mehr die Müdigkeit.
– Die Werke sind nunmeriert.
– Aber es ist schwierig, sie im Internet zu finden.
Dafür verstehen die das Internet zu wenig. Damit man Sachen kann.
Was jetzt knallt, ist nicht die Müdigkeit, es ist die Zeit.
Vorhin, im Theater2 Danach hatte ich schon überlegt, einfach nach Hause zu fahren, aber dann bin ich noch ein bisschen weiter gelaufen. Im Theater hatte ich Tränen in den Augen. Zu aufsteigern. Zu Arbeit. Zu Armut. Zum hedonistischen Leben.3
Aber zurück zu den Männern nebenan:
– Jeff Koons ist ein CEO.
– Richter ist ein Lone Wolf.
– Neben dem Richter gibt es noch diesen Matisse.
Wenn ich dieser Mensch wöre, der sagt, “ich kauf das, Dieses Bild bedeutet mir so viel, es wae ao krass.”
Was jetzt knallt, ist nicht die Müdigkeit. Es ist die Realität.
– Hey Jungs! Gehen wir jetzt noch auf diese Geburtstagsparty von nem Freund von mir? Und dann gehen wir noch auf diese Crazy House Acid Party.
– Meine Mutter ist auch Künstlerin.
– Hey Jungs. Ist es Richter?
– Nein.
Die verschiedenen noded, ein Netzwerk.
Zwei Paare gehen vorbei. Wie einfach die Dinge sein können. ich denke an einen Abend, in dem ich kurz vor dem Ende mit C die Malplaquetsraße lang laufe.
Was jetzt knallt, ist das Gefühl doch alleine zu sein.
Ich sitze in der S7.
Marathon bei den Kreuzberger Jubgs. Der dieses Jahr ist schon ad acta gelegt.
– Ich will auch
Sagt er und hat ne Kippe im Mund.
– Wie krass das wäre
– boah
– ne
– musste machen
Im Lafayette die Musik, im Hinterhrund nicht zuordenbar.
Was spöter knallt ist der französische Mann. Fragt uns, wie die Zigarette gescmeckt hat.
– Hab ich euch das erzählt, dass ich mit Toni am ersten Mai im Kreuzberg war und da waren diese Leute und…
Die Musik in Lafayette, während ich auf Anna warte. Als sie kommt, trägt sie Schildkrötenohrringen. Gemeinsam mit einem Rauschen, ein merkwürdiger Mix zwischen Hintergrund Weltmusik und House und ein Kylie-Minouge-Remix. Ein müder Papa einen Tisch weiter sitzt, der auch auf das strahlende Gesicht seiner Tochter müde reagiert. Dann kommt Anna.
– Anne is ne Coole. Die hat den Kochmodus bei mir noch verstärkt.
Eine Frau sperrt ihr Fahrrad ab. Sie erinnert mich an Gianone. Ob die noch an den Späti geht? Ich sitze gegenüber von Zwanglos 3. Der Swingerclub. Da hab ich noch nie jemanden reingehen sehen.
- Wenig später, am Sonntag, 1. Oktober, sollte ich einem sehr konservativen jungen Mann von meinem Lieblingsauto erzählen. Einen Lieblingsspäti hab ich auch, aber – kein Lieblingskünstler. [↩]
- Christiane Rösinger, Klassenrevue [↩]
- Am 3.10. lese ich in Bethanien: Es gibt keinen Unterschied zwischen Ländern, sondern zwischen oben und unten [↩]